Covid-Behandlung in Indien

Indien im Ausnahmezustand

Die Aktivitäten in unserem Projektvorhaben zur Stärkung der Position von Teepflücker*innen und Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen auf den Plantagen in Assam, Indien, stehen wegen des grassierenden Virus und seinen wirtschaftlichen und sozialen Folgen still. Schnell hat sich die Pandemie, insbesondere für soziale und wirtschaftliche Randgruppen, zu einer Gesundheits-, Wirtschafts- und Ernährungskrise entwickelt. Wir legen unser Hauptaugenmerk im Kampf gegen Hunger und Durst auf die Verbesserung der Ernährungssituation armer und stark benachteiligter Menschengruppen.

Zur Corona-Situation in Indien

Die indische Regierung hatte Ende März zunächst für 21 Tage den weltweit größten Lockdown mit strenger Ausgangssperre verhängt. Zahlreiche Berichte folgten daraufhin über Misshandlungen derjenigen, die die Sperre umgehen wollten, durch die Polizei.

Die Unruhen kamen nicht von ungefähr. 90 Prozent der Arbeitenden in Indien sind informell beschäftigt und damit abhängig von täglichem Einkommen. Besonders hart getroffen hat es Wanderarbeiter*innen. Millionen von ihnen sind ohne Einkommen, Unterkunft und Essen. Das Gesundheitssystem in Indien ist insgesamt sehr schwach und nicht auf eine Pandemie dieser Form vorbereitet.

Mitte April verlängerte die indische Regierung den Lockdown erstmalig. Nach der Verkündung gab es erneute Proteste gegen den Lockdown. Wanderarbeiter*innen beanstandeten, dass versprochene Hilfeleistungen in Höhe von 22 Milliarden US-Dollar für ca. 800 Millionen Inder*innen bei vielen Menschen nicht ankamen. Das verschärfte das Problem, dass viele von ihnen inklusive ihrer Familien wegen ausbleibender Lohnzahlungen keinen ausreichenden Zugang zu Essen und Trinkwasser haben.

Reisen im Land sind weiterhin eingeschränkt. Allerdings hat die Regierung Anordnung gegeben, Sonderzüge bereitzustellen, um es insbesondere Wanderarbeiter*innen zu ermöglichen, nach Hause fahren zu können.

Lockdown-Ausnahmeregelungen sind seit Mitte April auch auf den Teeplantagen in Assam, unserem Projektgebiet, und auf den Plantagen in anderen Bundesstaaten effektiv. Lediglich 50 Prozent der Arbeiter*innen arbeiten wieder. Unsere lokalen Partner*innen wie z. B. PAJHRA, setzen sich dafür ein, dass Arbeiter*innen geschützt werden, für die Zeit des Lockdowns Lohnfortzahlungen erhalten sowie Hygiene-, Quarantäne- und Gesundheitsmaßnahmen sichergestellt werden.

Laut PAJHRA wurden für die Zeit des Lockdowns auf den Plantagen in fast allen Fällen keine Löhne gezahlt. Ebenso wurden die staatlichen Hygiene- und Gesundheitsvorschriften zum Schutz der Arbeiter*innen in der Regel nicht umgesetzt. Der unzureichende Zugang zu Nahrung bzw. die Nahrungsmittelunsicherheit wird zugleich und nachhaltig vielerorts kritischer. Besonders betroffen sind saisonale Plantagenarbeiter*innen. Für die Verbesserung der Ernährungssituation wird dringend mehr Geld benötigt.

Ein von PAJHRA mitgegründetes Multistakeholder State Level Coordination Committee fordert die Sicherstellung der Rechte und die Grundversorgung der Arbeiter*innen (u. a. Lohnfortzahlungen besonders für saisonale Arbeiter*innen, Nahrungsmittelsicherheit, Hilfeleistungen, etc.) während der laufenden Corona-Krise.

 

Die 4 Kernherausforderungen:

Informelle Beschäftigung: Mit Verhängung eines Lockdowns müssen insbesondere Arbeitnehmer*innen des informellen Sektors, die i. d. R. sozialen und wirtschaftlichen Randgruppen angehören, auf Löhne verzichten.

Mangelnder Zugang zur Gesundheitsversorgung: Indien belegt in Bezug auf Qualität und Zugang zur Gesundheitsversorgung den 145 ten Platz unter 195 Ländern und liegt hinter seinen Nachbarn China, Bangladesch, Sri Lanka und Bhutan. Im Corona-Kontext sind es die Ärmsten, die am wenigsten Zugang zur einer Gesundheitsversorgung oder Behandlung haben

Keine sicheren Unterkünfte: Es gibt über 4 Millionen Obdachlose in Indien, die aufgrund ihrer Lebensbedingungen einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, sich mit COVID-19 zu infizieren. Es wird empfohlen, die Abstandsregeln einzuhalten. In den meisten Fällen leben jedoch mehrere Familienmitglieder in Ein-Raum-Unterkünften, wodurch sie besonders anfällig für Infektionen sind.

Wenig oder kein Zugang zu Wasser: Regelmäßiges Händewaschen mit Seife ist Luxus für über 70 Millionen Menschen im städtischen Indien, die in informellen Siedlungen leben. Dort haben sie nur eingeschränkt Zugang zu sanitären Einrichtungen und Trinkwasseranlagen. Die Menschen verfügen auch kaum oder gar nicht über Schutzmaßnahmen wie Desinfektionsmittel, Handschuhe und Masken.

 

Unsere Expertin Marita Wiggerthale bezieht sich in ihrem Blogbeitrag „Sie werden ihr Leben für Lebensmittel riskieren“ nicht nur auf die Situation in Indien. Vielmehr berichtet sie über die wirtschaftlichen und sozialen Folgen von COVID-19 sowie die Nahrungsmittel- und Ernährungssituation in der Subsahara-Region. Dort erfahren Sie, was getan werden muss, um die betroffenen Menschen zu schützen und nutzen Sie die Kommentierungsfunktion.