Konzernmacht

Immer weniger, dafür immer größere multinationale Konzerne kontrollieren die Märkte über die gesamte Lieferkette hinweg – vom Acker bis zur Ladentheke. Zu viel Macht ist in wenigen Händen.

Mega-Fusionen, vielfach finanziert durch Banken und Investmentgesellschaften, erhöhen enorm die Marktkonzentration. Vor allem in den Bereichen IT, Pestizide/Saatgut und Lebensmitteleinzelhandel ist die Marktkonzentration bereits sehr hoch. Übermächtige Konzerne können ihre Macht ausnutzen, um auf dem Rücken der Lieferanten, Verbraucher*innen, Bäuer*innen und Arbeiter*innen ihre Profite zu erhöhen und die Politik in ihrem Sinne zu beeinflussen.

Die Marktkonzentration gefährdet so die Demokratie und verschärft die soziale Ungleichheit. Industrielle, von Konzernen geprägte Ernährungssysteme, haben zudem dabei versagt, für alle Menschen eine sichere und nachhaltige Lebensmittelversorgung zu gewährleisten.

Die Bundesregierung muss den gefährlichen Trend zu immer mehr Marktkonzentration stoppen und die Konzernmacht beschränken. In wirtschaftlich benachteiligten Ländern sollte die kleinbäuerliche Landwirtschaft gestärkt werden, statt Entwicklungshilfe für Agrarkonzerne zu leisten.

Clémence Nibaruta steht stolz in ihrem Maisfeld in Gitega, Burundi. Sie hat an Schulungen unserer Partnerorganisation ADISCO in Gitega (Burundi) teilgenommen und betreibt nun agrarökologischen Landbau.

Clémence Nibaruta hat an Schulungen unserer Partnerorganisation ADISCO in Gitega (Burundi) teilgenommen und betreibt nun agrarökologischen Landbau. Ihre Kenntnisse gibt sie in einer Solidargruppe und einer landwirtschaftlichen Kooperative weiter. Von ihrem Einkommen zahlt die Witwe die Schulgebühren ihrer Kinder und baut ihren landwirtschaftlichen Betrieb aus. Neben Bananenpflanzen, einem Gemüsegarten und einem Maisfeld besitzt sie mittlerweile eine Kuh und vier Ziegen.

Kleinbäuerliche Landwirtschaft

Eine kleinbäuerliche, ökologisch nachhaltige Landwirtschaft verbessert die Ernährungssituation, reduziert Armut und trägt durch umweltverträglichen Anbau zur Minderung der Klimakrise bei.

Seit einigen Jahren setzen finanzstarke Länder – auch Deutschland – verstärkt auf die Kooperation mit Konzernen, denen sie eine Schlüsselfunktion in der Armuts- und Hungerbekämpfung zuschreiben. Dies passiert ohne ernsthafte Beteiligung der betroffenen Kleinbäuer*innen. Initiativen wie die Neue Allianz für Ernährungssicherung in Afrika und die German Food Partnership gewinnen an Größe und strategischer Bedeutung. Dieser Trend ist besorgniserregend.

  • Die German Food Partnership ist eine Initiative des Entwicklungsministeriums (BMZ) und führender deutscher Agrarkonzerne.

    Hauptproblem: Das BMZ hilft Konzernen mit Entwicklungsgeldern, ihre Produkte anzupreisen und neue Märkte zu erschließen.

    Beispiel: In Zusammenarbeit mit Bayer und BASF will das Entwicklungsministerium den Anbau von Hybridreis in Asien und Afrika fördern. Bayer Crop Science ist eines der weltweit führenden Saatgut und Pestizidunternehmen für Hybridreis. Der große Nachteil: Das Saatgut muss jedes Jahr neu eingekauft werden, weil sonst die Erträge sinken. So werden Kleinbäuer*innen in die Abhängigkeit von Konzernen getrieben.

    Prominente Partner unter den mehr als 30 Unternehmen und Verbänden sind die mächtigen Chemiekonzerne Bayer, BASF, Syngenta und der Maschinenhersteller AGCO. Gemeinsam erwirtschafteten sie 2013 einen Gewinn nach Steuern von zehn Milliarden Euro. Alle vier Konzerne verdienen ihr Geld mit der industriellen Landwirtschaft, die auf dem massiven Einsatz von lizenzierten Hochertragssaaten, Pestiziden, synthetischen Düngemitteln und schwerer Agrartechnik beruht.

    Für die GFP-Projekte sollen insgesamt 80 Millionen Euro bereitgestellt werden: 20 Millionen davon werden vom BMZ, 20 Millionen von der Gates-Stiftung und 40 Millionen von der Wirtschaft in Aussicht gestellt. Die Projektvereinbarungen mit den Unternehmen wurden bislang noch nicht veröffentlicht.

    Die GFP und ihre Projekte wurden in enger Abstimmung mit den Konzernen und privaten Stiftungen, aber ohne Beteiligung von Kleinbäuer*innen oder ihrer Organisationen entwickelt. Menschen, die von Hunger betroffen sind, stehen nicht im Mittelpunkt. Die Gefahren, die mit der starken Abhängigkeit von Konzernen und ihren Produkten wie Industriesaatgut und Pestiziden verbunden sind, werden ausgeblendet. Stattdessen hilft die Bundesregierung mit ihren Förderprogrammen Konzernen, sich neue Märkte für Saatgut und Pestizide zu erschließen. In Kenia konnte Bayer beispielsweise dank einer „produktneutralen“ Schulung über 20 Prozent mehr Pestizide an Kleinbäuer*innen verkaufen.

  • In der 2012 gegründeten Neuen Allianz arbeiten die Länder der G8 (u. a. Deutschland) mit den weltweit größten und mächtigsten Agrarkonzernen zusammen.

    Hauptproblem: Die Neue Allianz forciert politische Reformen in Entwicklungsländern zugunsten der Agrarkonzerne.

    Beispiel Tansania: Die tansanische Regierung will Investoren 350.000 Hektar Land zur Verfügung stellen. Das entspricht in etwa der Fläche von Mallorca. Kleinbäuer*innen droht die Verdrängung von ihrem Land und damit der Verlust ihrer Existenzgrundlage.

    Beteiligt sind, neben den G8-Staaten, über 100 Unternehmen und bislang zehn afrikanische Staaten. In Kooperationsabkommen verpflichten sich die afrikanischen Staaten zu politischen Reformen, die vor allem darauf zielen, Rahmenbedingungen zugunsten privater, kommerzieller Investitionen in die Landwirtschaft zu verändern. Im Gegenzug stellen Geberländer finanzielle Entwicklungshilfe und Unternehmen Investitionsvorhaben in Aussicht.

    Bauernorganisationen und Nichtregierungsorganisationen waren bei den Verhandlungen der Kooperationsabkommen nicht oder lediglich auf einer Ad-hoc-Basis involviert. Die Verhandlungen wurden im Geheimen und losgelöst von existierenden Strukturen zur Beteiligung der Zivilgesellschaft durchgeführt. Die Festlegung der politischen Reformagenda wurde sehr stark von den G8-Ländern bestimmt. Die Reformen stellen eine existenzielle Bedrohung für Kleinbäuer*innen dar.

    Sie sind dem Risiko ausgesetzt, von ihrem Land vertrieben zu werden, weil große Landflächen für Investoren ausgewiesen werden. Zudem nehmen neue Saatgutgesetze Bäuer*innen das Recht, Saatgut wie bisher gewohnheitsmäßig frei auszutauschen und zu verkaufen, was in Tansania bereits Proteste der Zivilgesellschaft ausgelöst hat.

  • Um Hunger und Armut zu bekämpfen, müssen die Regierungen den Schwerpunkt auf öffentliche Investitionen legen, die die Lebenssituation von Kleinbäuer*innen verbessern und mit ihnen gemeinsam entwickelt werden.

    Wenn wir das enorme Potenzial der kleinbäuerlichen Landwirtschaft erschließen und ihre Funktion als Rückgrat des Ernährungssystems stärken, wird die Produktion von Nahrungsmitteln steigen und die Welt weniger anfällig für Ernährungskrisen.

    Kleinbäuer*innen produzieren trotz der häufig schlechteren Böden schon heute einen großen Teil unserer Nahrung. Paradoxerweise aber sind die Hälfte der weltweit Hungernden Kleinbäuer*innen – vor allem deshalb, weil sie seit Jahrzehnten von Regierungen weltweit vernachlässigt und diskriminiert werden. So ist der Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe für die Landwirtschaft von 17 Prozent im Jahr 1980 auf 6 Prozent im Jahr 2010 gefallen.

    Mit der richtigen Unterstützung können Kleinbäuer*innen ausreichend Nahrung für sich und die wachsende Weltbevölkerung produzieren. Die wohl umfassendste Studie[1] hat 286 ökologisch nachhaltige Agrarprojekte in 57 Ländern untersucht und im Schnitt eine Steigerung der Ernteerträge um 79 Prozent festgestellt.

    Die Förderung einer kleinbäuerlichen, ökologisch nachhaltigen Landwirtschaft zahlt sich dreifach aus:

    1. Sie verbessert die Ernährungssituation,

    2. reduziert Armut und

    3. mindert durch umweltverträglichen Anbau die Klimakrise.

    Beispiel: Nachhaltiger Reisanbau in Vietnam

    Das System of Rice Intensification (SRI) ist ein agroökologisches Anbauverfahren für Reis. SRI zielt darauf, die Produktivität des Reisanbaus nicht wie in der konventionellen Praxis durch mehr Inputs, sondern durch eine bessere Pflanztechnik zu erhöhen. SRI ist flexibel, es wird von Bäuer*innen getestet und je nach lokalem Kontext angepasst und weiterentwickelt. In der Regel werden Reissetzlinge früher als üblich umgepflanzt, die Versetzung erfolgt einzeln und nicht in Bündeln. Die Setzlinge werden mit größerem Abstand voneinander und in Reihen statt zufällig eingepflanzt, und die Felder werden feucht, aber nicht überflutet gehalten.[2]

    In Vietnam wenden inzwischen mehr als eine Million Kleinbäuer*innen das Verfahren an, die Resultate sind beeindruckend. Studien zeigen: SRI steigert die Ernten um 47 Prozent, benötigt 80-90 Prozent weniger Saatgut, 20 bis 50 Prozent weniger Wasser und weniger Stickstoffdünger. Die Kosten sind dadurch um 23 Prozent niedriger, die Einkommen um 68 Prozent höher.[3] SRI verbreitet sich rasch und wird heute von vielen kleinbäuerlichen Betrieben in Asien und Afrika angewandt.

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Preparing for thin cows

Eine neue Untersuchung von Oxfam belegt, dass im Jahr 2007/08 eine globale Getreidereserve von nur 105 Millionen Tonnen gereicht hätte, eine Nahrungsmittelkrise verhindern zu helfen.

EU-Klimaziele: Zehn gute Gründe für 30 Prozent

Gemeinsames Papier von Oxfam, Brot für die Welt, Germanwatch, WWF, Greenpeace und der Klima-Allianz. Die Europäische Union hat sich bisher dazu verpflichtet, ihre klimaschädlichen Treibhausgasemissionen bis 2020 um 20 Prozent (gegenüber 1990) abzusenken. Über eine Anhebung des Ziels auf 30 Prozent wird zur Zeit heftig diskutiert. Dieses Papier liefert zehn gute Gründe, warum dieser Schritt als dringende Antwort auf den Klimawandel und im Interesse einer klimafreundlichen Entwicklung in Europa jetzt vollzogen werden sollte.

Deutsche Kurzfassung der Studie: Aufbruch in ein neues Zeitalter

Vor rund 70 Jahren wurde Oxfam als Reaktion auf den Hunger in Europa gegründet. Seitdem mussten wir immer wieder Nahrungsmittelkrisen begegnen: Griechenland in 1942, Biafra in 1969, Äthiopien in 1984 oder Niger in 2005 sind nur einige davon. Alle wären vermeidbar gewesen.

Die Weltbank finanziert klimaschädliche Energieprojekte, mit Zustimmung der Bundesregierung

Die Weltbank stellt in den letzten Jahren verstärkt Finanzierungen für Kohlekraftwerke und dafür notwendige Infrastruktur bereit. So wuchsen die Kredite für Kohleprojekte zwischen 2006 und 2010 von 119 Mio. US-Dollar auf 4,4 Mrd. US-Dollar – eine Steigerung um über 3600 Prozent. Die finanzielle Förderung erfolgt jedoch nicht nur derart offensichtlich, sondern auch verdeckt mittels Kreditvergaben an lokale Kreditinstitute, die ihrerseits Kohleprojekte fördern, ohne dass dies in den Statistiken der Weltbank als solches sichtbar wird. Da Kohlekraftwerke zum Klimawandel beitragen, handelt die Weltbank durch solche Kredite gegen ihren Auftrag der Armutsbekämpfung. Denn Klimawandel bedeutet für viele Menschen in armen Ländern eine zusätzliche Verschärfung ihrer Situation.

Krankenversicherungen in Ghana? Ungerecht und unwirtschaftlich!

Das Gesundheitssystem in Ghana ist ungerecht und unwirtschaftlich. Die Struktur der dortigen Krankenversicherung schließt die Mehrheit der Bevölkerung aus. Trotzdem wird Ghana immer wieder als positives Beispiel für Krankenversicherungssysteme in Entwicklungsländern benutzt.
In der Studie "Achieving a Shared Goal For All – Free Universal Health Care in Ghana" zeigt Oxfam zum ersten Mal die bedeutenden Schwachstellen der ghanaischen Krankenversicherung auf:

Nur 18% der Bevölkerung – und nicht wie oftmals behauptet 61% – profitieren von dem Versicherungssystem. Finanziert wird es aber von allen Bürgerinnen und Bürgern, unter anderem durch die Mehrwertsteuer.

Die überwiegende Mehrheit der Versicherten gehört zur reichsten Schicht der Bevölkerung. Nur ein Drittel gehört der ärmsten Bevölkerungsschicht an.

Bis zu 36% der Gesundheitsausgaben Ghanas sind wirkungslos. Schuld daran ist auch das unwirtschaftliche Krankenversicherungssystem.

Das Krankenversicherungssystem in Ghana muss grundlegend erneuert werden, um effizient und gerecht zu sein. Mit progressiven Steuern und sinnvollen externen Finanzhilfen könnte die Regierung Ghanas bis zum Jahr 2015 allen Bürgerinnen und Bürgern ihres Landes Zugang zur Gesundheitsfürsorge ermöglichen.

Die Studie zum Krankenversicherungssystem in Ghana ist gerade jetzt wichtig: Andere Entwicklungsländer, z.B. Nepal und Sambia, orientieren sich am angeblichen Erfolg von Ghanas Versicherungssystem. Und wichtige Geber wie die Weltbank und die deutsche Bundesregierung beraten sie dabei.


DR Kongo: Energiespar-Herde

Ein besonderes Highlight der Kooperation von UGEAFI und Oxfam Deutschland fand im Februar statt: Gudile Nasine besuchte Oxfam Deutschland in Berlin. Die Frauenbeauftragte unserer Partnerorganisation UGEAFI reiste zum ersten Mal in den kalten Norden.

Intensive Zusammenarbeit in Berlin

Ein besonderes Highlight der Kooperation von UGEAFI und Oxfam Deutschland fand im Februar statt: Gudile Nasine besuchte Oxfam Deutschland in Berlin. Die Frauenbeauftragte unserer Partnerorganisation UGEAFI reiste zum ersten Mal in den kalten Norden.

Whose aid is it anyway? Politicising aid in conflicts and crises

Hilfsleistungen sollten auf den Bedarf der Menschen und die Verringerung von Armut ausgerichtet sein und nicht kurzsichtige politische Ziele verfolgen. Tatsächlich dient weltweite Not-und Entwicklungshilfe häufig in erster Linie politischen Zielen, nicht Menschen in Not. Ein großer Anteil der Mittel fließt in Länder, die aus Sicht von Geberstaaten große sicherheitspolitische Bedeutung haben. Strategisch weniger bedeutende Regionen, die ebenfalls dringend Hilfe benötigen, gehen dagegen fast leer aus. Der englischsprachige Bericht "Whose aid is it anyway? Politicising aid in conflicts and crises" beschreibt die negativen Folgen dieses Trends für Nothilfe und langfristige Armutsbekämpfung und enthält Beispiele u.a. aus Afghanistan, den durch Israel besetzten Palästinensischen Gebieten, Haiti, Jemen und Somalia.