Ein Abschnitt der Mauer und israelische Siedlungen in der Nähe von Bethlehem im besetzten Westjordanland.
Report „Trading with Illegal Settlements“

Wie ausländische Staaten und Unternehmen Israels völkerrechtswidrigen Siedlungsbau ermöglichen

Im Bericht „Trading with Illegal Settlements“ sind verschiedene Beispiele für Handelsbeziehungen von Unternehmen aus der EU und Großbritannien mit völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten beschrieben.

Der Bericht wurde von einer Allianz aus mehr als 80 zivilgesellschaftlichen Organisationen veröffentlicht. Er fordert:

  • Insbesondere die Länder der EU und Deutschland sollen Handelsbeziehungen mit in israelischen Siedlungen ansässigen Unternehmen ausdrücklich verbieten.
  • Darüber hinaus sollen sie jegliche Handelsbeziehungen unterbinden, die den Ausbau und die Aufrechterhaltung der völkerrechtswidrigen Siedlungen fördern, einschließlich der Erbringung von Dienstleistungen und Investitionen.
  • Israelische Exporteure müssen die Herkunft der Waren angeben und für falsche Angaben zur Rechenschaft gezogen werden.

Ein Gutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH) vom Juli 2024 macht deutlich: Regierungen, die Handelsbeziehungen mit in völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen ansässigen Unternehmen zulassen, machen sich mitschuldig an der Aufrechterhaltung und Ausweitung der Siedlungen und damit an der Aufrechterhaltung der illegalen Besetzung palästinensischer Gebiete durch Israel.

Israelischer Siedlungsbau auf neuem Höchststand

In den vergangenen vier Jahren hat Israel seine Siedlungsaktivitäten im Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem, erheblich beschleunigt. Das hat zu einem deutlichen Anstieg des Siedlungsbaus und der Landaneignung geführt:

  • 2023 genehmigte die israelische Regierung den Bau von 30.682 Wohneinheiten im Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem, was einem Anstieg von 180 Prozent in nur fünf Jahren entspricht.
  • Im Juni 2024 erklärte die israelische Regierung 12,7 Quadratkilometer Land im Jordantal zu „Staatsland“.
  • Im Mai 2025 beschloss das israelische Kabinett die Errichtung von 22 neuen Siedlungen im besetzten Westjordanland.

Diese Genehmigungen übertrafen alle bisherigen Rekorde und markierten den höchsten Stand der Siedlungsausweitung seit den Osloer Verträgen (1993-1995). Das palästinensische Gebiet wurde so weiter fragmentiert und den Palästinenser*innen neue Bewegungsbeschränkungen auferlegt.

Armut und Arbeitslosigkeit im Westjordanland stark gestiegen

Die Kontrolle Israels kostet die palästinensische Wirtschaft jährlich Milliarden von Dollar. Die Armut im Westjordanland ist zwischen 2023 und Mitte 2024 von zwölf auf 28 Prozent gestiegen und die Arbeitslosenquote hat sich zwischen 2023 und 2024 von 12,9 Prozent auf 30,7 Prozent mehr als verdoppelt.

Palästinensische Frauen arbeiten unter ausbeuterischen Bedingungen in völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen

Rund 6.500 palästinensische Frauen sind derzeit in Siedlungen beschäftigt, da Israels Politik die lokale Beschäftigungslage zerstört hat und ihnen kaum eine andere Wahl bleibt. Rund 65 Prozent verdienen weniger als 20 Dollar pro Tag. Die meisten haben keinen schriftlichen Arbeitsvertrag und keine Krankenversicherung, arbeiten oft unter ungesunden und unsicheren Bedingungen.

Der Durchschnittslohn palästinensischer Frauen, die in den Siedlungen arbeiten, liegt deutlich unter dem israelischen Mindestlohn, aber über dem Lohn für verfügbare lokale Arbeitsplätze. Dies verdeutlicht, wie die durch die Siedlungen verursachten wirtschaftlichen Schwierigkeiten die lokale Bevölkerung zu ausbeuterischer Arbeit zwingen.

Acht internationale Unternehmen und Finanzinstitute untersucht

Der Bericht „Trading with Illegal Settlements“ untersucht beispielhaft acht internationale Unternehmen und Finanzinstitute, die mit israelischen Siedlungen Handel treiben, oder bis vor Kurzem Handel getrieben haben, und damit zu deren Aufrechterhaltung und Legitimierung beitragen. Dazu gehört auch die Bereitstellung von Dienstleistungen oder Investitionen. Zu den Unternehmen gehören der französische Einzelhändler Carrefour, die dänische Reederei Maersk und die britische multinationale Bank Barclays.

Auch die beiden deutschen Unternehmen TUI und Siemens sind Gegenstand des Berichts. Der Reisekonzern TUI hat Reisen zu völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen im Westjordanland und auf den Golanhöhen angeboten, die jedoch online weiterhin aufrufbar sind. Der multinationale Konzern Siemens liefert Ausrüstung und Dienstleistungen für die mit den Siedlungen verbundene Verkehrsinfrastruktur.

Günstige Pachtverträge, Subventionen und Steuererleichterungen in völkerrechtswidrigen Siedlungen

Israel wirbt um Unternehmensinvestitionen in seinen Siedlungen im Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem. Dazu nutzt Israel Anreize wie günstige Pachtverträge, Subventionen oder Steuererleichterungen. Häufig wird dabei die Trennung zwischen Israel in den international anerkannten Grenzen von 1967 und den völkerrechtswidrigen Siedlungen verschleiert. Beispielsweise werden Produkte oder Dienstleistungen, die in israelischen Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet produziert oder durchgeführt werden, oft fälschlicherweise als „aus Israel“ oder „in Israel hergestellt“ deklariert.

  • Report „Trading with Illegal Settlements“ (englisch)

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