Maiskolben auf einem Haufen

Nahrungsmittelspekulation

  • Innerhalb von drei Jahren sind die Nahrungsmittelpreise auf den Weltmärkten zwei Mal in die Höhe geschossen. Die Preisschwankungen haben zugleich deutlich zugenommen. Maßlose Spekulationen mit Agrarrohstoffen – oft Grundnahrungsmittel, wie etwa Mais und Weizen – sind für die starken Preissprünge der letzten Jahre mitverantwortlich und tragen so zu globalen Nahrungsmittelkrisen bei.

    Was hat das für Folgen?

    Die Weltagrarmärkte sind „finanzialisiert“, das heißt: Die Gesetzmäßigkeiten der Finanzmärkte und die Motive der Finanzakteure bestimmen und treiben immer mehr die Preise von Nahrungsmitteln wie Weizen, Mais, Soja, Zucker, Kaffee und Kakao. Auch die Spekulation mit Erdöl treibt die Nahrungsmittelpreise, da die industrielle Landwirtschaft sehr stark chemisch-synthetische Beiz- und Spritzmittel sowie Kunstdünger einsetzt. Wenn Preise explodieren und Nahrungsmittel unbezahlbar werden, können sich in Armut lebende Menschen ihre tägliche Mahlzeit nicht mehr leisten und müssen hungern. Für notwendige Arztbesuche oder Schulgebühren ihrer Kinder bleibt dann erst recht nichts übrig.

  • Eine offene Hand mit Weizenkörnen auf der Handfläche

    Wie Finanzspekulationen die Preise von Lebensmitteln verändern

    Viele Anzeichen sprechen dafür, dass die Geschäfte an den Warenterminmärkten die realen Preise mit beeinflussen. Denn die Preissignale des Terminmarkts dienen dem gesamten Handel als Orientierungspunkte. Viele Produzent*innen und Händler*innen beziehen sich bei der Verhandlung ihrer Lieferverträge auf den Preis an den Terminbörsen. Ein höherer zukünftiger Preis führt z.B. zu einer höheren Zahlungsbereitschaft im physischen Markt. Um nicht morgen möglicherweise mehr zu bezahlen, zahlen Händler*innen schon heute einen höheren Betrag. 

    Das führt zu einem Anstieg des aktuellen Preises. Die Preisführerschaft der Terminmärkte für die wichtigsten Nahrungsmittel ist von einer der global führenden Agrarforschungseinrichtungen, dem International Food Policy Research Institute (IFPRI) in Washington, belegt worden. Die immer stärkere Korrelation zwischen Rohstoff- und Finanzmärkten zeigt, dass die Nahrungsmittelpreise sich nicht mehr nur an erwarteten Erntemengen oder Wetterereignissen orientieren.

  • Im Vordergrund sind ausgewachsene Maispflanzen zu sehen während im Hintergrund verschwommen eine Gruppe von Bäuer*innen abgebildet ist.

    Große Agrarkonzerne werden bevorteilt

    Es ist klar, dass die heutigen Agrarmärkte global sind und Preisentwicklungen in verschiedenen Weltgegenden nicht voneinander unabhängig sind. Viele wirtschaftlich benachteiligte Länder sind heute von Nahrungsmittelimporten abhängig, auch wegen der lange Zeit propagierten Strategie, auf den Weltmarkt zu setzen und auf Initiativen zur Stärkung der Selbstversorgung zu verzichten. Ein Land wie Jemen muss z.B. 90 Prozent seines Weizens importieren und ist damit absolut abhängig von Weltmarktpreisen. 

    Faire Preisfindung wird durch exzessive Spekulation allerdings nicht ermöglicht, sondern verhindert. Die zusätzliche Nachfrage nach Terminkontrakten verzerrt die Preise. Der eigentliche Sinn und Zweck von Warenterminbörsen wird folglich ad absurdum geführt. Diejenigen, die ihre Geschäfte an den Warenterminmärkten absichern können, sind in aller Regel größere landwirtschaftliche Betriebe oder Konzerne des Agrobusiness

    Für die weltweit circa 1,7 Milliarden Kleinbäuer*innen (das sind 85 Prozent aller landwirtschaftlichen Produzent*innen), die in vielen Regionen das Rückgrat der Nahrungsmittelproduktion bilden, ist die Liquidität der Agrarterminmärkte ohne Bedeutung, weil sie ihre Preisrisiken sowieso nicht absichern können. Sie handeln nicht an den Börsen.

  • Steigende Preise sind nicht immer zum Vorteil der Bäuer*innen

    Theoretisch könnten zwar einige Bäuer*innen von steigenden Preisen profitieren, aber da die Terminbörsen v.a. von den Zwischenhändlern und Agrarkonzernen genutzt werden, müssen die Gewinne erst einmal bei den Bäuer*innen ankommen. Dies ist bei der überwiegenden Mehrheit nicht so einfach der Fall. In einer Studie am Beispiel von Kenia wurde gezeigt, dass von den Preisspitzen eher die Zwischenhändler*innen und Großbäuer*innen profitieren.

    Dabei haben Kleinbäuer*innen das deutlich größere Potenzial, Ernährung zu sichern und landwirtschaftliche Produkte entlang strenger sozialer und ökologischer Kriterien anzubauen. Die hohe Preisvolatilität ist für sie besonders katastrophal. Mehr nachhaltige Investitionen in kleinbäuerliche Landwirtschaft sind ein wichtiges Element im Kampf gegen den Hunger. Doch wenn Preise stark schwanken, gerät jede Investition zum Risiko: Wenn Bäuer*innen ihre Kredite nicht mehr zurückzahlen können, weil die Preise zum Zeitpunkt der Ernte in den Keller gerutscht sind, droht ihnen der Verlust ihrer wirtschaftlichen Existenz.

    Politischer Wille ist gefordert

    Zocken mit Agrarrohstoffen ist unverantwortlich und gefährdet die Versorgung der Weltbevölkerung mit Nahrungsmitteln. Deshalb ist ein strenges Regelwerk erforderlich, um übertriebene Spekulationen einzudämmen und dadurch zukünftige Hungerkrisen zu vermeiden.

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Ansprechpartner*innen

  • Marita Wiggerthale

    Marita Wiggerthale