

Steuervermeidung von Unternehmen
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Wie entsteht Steuervermeidung?
Ein Prozent der Weltbevölkerung hat mehr Vermögen als der Rest der Welt zusammen. Die weltweite soziale Ungleichheit ist dramatisch.
Ein Grund dafür ist die Steuervermeidung von Unternehmen und reichen Einzelpersonen durch ein System von Steueroasen, das vor allem den Reichen zugutekommt und die Kluft zwischen Arm und Reich vertieft.
Neun von zehn weltweit agierenden Konzernen haben mindestens eine Tochterfirma in Steueroasen, wie beispielsweise Bermuda. Durch die Steuervermeidung von Unternehmen gehen wirtschaftlich benachteiligten Ländern jährlich mindestens 100 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen verloren. Reiche Einzelpersonen halten in Steueroasen rund 7,6 Billionen US-Dollar versteckt – unversteuert. Damit entziehen sich multinationale Konzerne und Superreiche ihrer gesellschaftlichen Verantwortung.
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Was ist der Unterschied zwischen Steuervermeidung und Steuerhinterziehung?
Bei Steuerhinterziehung belügt man das Finanzamt, indem Einnahmen und Gewinne verschwiegen werden. Bei Steuervermeidung geht es meist darum, Gewinne kleinzurechnen und zu verschieben.
Nehmen wir an, Sie haben einen Konzern, der in Deutschland Gewinne macht. Fair wäre, wenn dieser angemessen im Land selbst Steuern zahlte. Stattdessen können Sie aber auch eine Tochterfirma in einer Steueroase gründen, die der Konzernniederlassung in Deutschland Rechnungen schreibt – für Nutzung von Patenten, Lizenzgebühren oder indem Sie Investitionen als zinspflichtigen Kredit deklarieren. Das mindert Ihren Gewinn und Sie zahlen weniger Steuern.
Der große Gewinn fällt dafür bei der Tochterfirma in der Steueroase an und wird dort kaum besteuert. So entgeht den Ländern viel Geld, das für Bildung, medizinische Versorgung und soziale Sicherung dringend benötigt würde.
Im Gegensatz zu Steuerhinterziehung, die gesetzlich verboten ist, wird Steuervermeidung in den meisten Fällen als legale Praxis behandelt.
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Die Folgen von Steuervermeidung
Durch das globale Steuervermeidungssystem werden den Bürger*innen in wirtschaftlich benachteiligten Ländern die notwendigen Gelder vorenthalten, die zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ungleichheit dringend benötigt werden, insbesondere Investitionen in Bildung, Gesundheitsversorgung und soziale Sicherung.
Auch in wohlhabenden Ländern fehlen dringend benötigte Ressourcen zur Finanzierung des Wohlfahrtsstaats und der öffentlichen Infrastruktur, von der auch große Unternehmen abhängig sind. Steuervermeidung verhindert eine gerechtere Verteilung von Ressourcen, ohne die soziale Ungleichheit nicht bekämpft werden kann.
Warum Steuervermeidung ungerecht und für eine Gesellschaft schädlich ist
Durch Steuervermeidung drücken sich Konzerne davor, als Teil der Gesellschaft ihren gerechten Beitrag zu leisten. Konzerne profitieren, wie wir alle, von öffentlichen Gütern, die durch Steuergelder finanziert werden: Konzerne nutzen die öffentliche Infrastruktur wie Straßen oder Telekommunikationsnetze und profitieren von dem Wissen und der Qualifikation ihrer Mitarbeiter*innen, deren Ausbildung staatlich finanziert wurde. Durch die exzessive Steuervermeidung beteiligen sie sich aber nicht angemessen an der Finanzierung genau dieser öffentlichen Güter.
Wer soziale Ungleichheit und Armut bekämpfen will, muss Steuergerechtigkeit schaffen und Steueroasen trockenlegen.
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Der Schaden durch Steuervermeidung
In Deutschland belaufen sich die Einnahmeverluste durch Steuervermeidung von Unternehmen laut Schätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) auf bis zu 30 Milliarden Euro pro Jahr. Dies entspricht fast einem Zehntel des Bundeshaushalts und entspricht fast der dreifachen Summe, die Deutschland im Jahr 2024 für Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung gestellt hat (rund 10 Milliarden Euro).
In benachteiligten Ländern ist der Effekt noch spürbarer: Allein in Kenia, einem Land, in dem eine von 40 Frauen während der Geburt ihres Kindes ums Leben kommt, gehen durch Steuervermeidung rund 1,1 Milliarden US-Dollar im Jahr verloren – rund das Doppelte der gesamten staatlichen Ausgaben für den Gesundheitssektor.
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Wie lässt sich Steuervermeidung verhindern?
Zuallererst müssten Konzerne öffentlich machen, welche Gewinne sie in jedem Land machen und wieviel Steuern sie darauf zahlen. Die EU-Kommission hat einen Vorschlag für eine solche öffentliche Berichterstattung von Konzernen gemacht. (Für Banken gibt es eine solche Regelung übrigens seit 2015.) Wir konnten mit den Zahlen der europäischen Banken darauf aufmerksam machen, dass sie vor allem in Steueroasen hohe Gewinne ausweisen – zum Teil sogar, ohne überhaupt Mitarbeiter*innen vor Ort zu haben.
Aber Transparenz ist nur der erste Schritt. Nötig ist zweitens eine weltweite Mindestbesteuerung, um den ruinösen internationalen Wettlauf um die geringsten Steuersätze zu beenden. Die G20-Staaten inklusive Deutschland wollen hier tatsächlich tätig werden.
Und drittens wird es nicht ohne Sanktionen gegen Steueroasen gehen. Steueroasen müssen nach klaren, für alle Staaten gleichen Kriterien mit Strafmaßnahmen wie z.B. Abgaben auf Geldflüsse belegt werden. Die EU ist hier allerdings bislang zu lasch. Kein Wunder: Einige EU-Länder sind selbst Steueroasen, zum Beispiel Irland oder die Niederlande. Diese Länder können viel politischen Einfluss geltend machen, um Maßnahmen zu verwässern. Das muss aufhören, indem Deutschland und andere auch innereuropäisch den Druck erhöhen.
Was sich in einem gerechten Steuersystem finanzieren ließe
- Geschätzte 7,6 Billionen US-Dollar Privatvermögen liegen weltweit in Steueroasen. Würde das Geld in den Herkunftsländern versteuert, brächte dies bis zu 200 Milliarden US-Dollar Steuereinnahmen pro Jahr. Genug Geld, um damit die kostenfreie Gesundheitsversorgung für bis zu 30 Millionen Menschen zu bezahlen.
- Würde weltweit das reichste Prozent der Bevölkerung nur 0,5 Prozent Steuern auf sein Vermögen zahlen und das Geld richtig investiert, könnte man damit unter anderem den 262 Millionen Kindern weltweit, die bisher nicht zur Schule gehen, den Unterrichtsbesuch ermöglichen.
- Würden Regierungen es den vor allem aus Industrie- und Schwellenländern stammenden Konzernen erschweren, ihre Gewinne kleinzurechnen oder in Steueroasen zu verschieben, müssten die Unternehmen dort, wo sie ihre Gewinne erzielen, einen fairen Beitrag zum Gemeinwohl leisten. Allein den Ländern des globalen Südens stünden so zusätzlich bis zu 200 Milliarden Steuereinnahmen pro Jahr für die Armutsbekämpfung zur Verfügung. Zum Vergleich: 235 Milliarden US-Dollar geben die OECD-Länder 2025 insgesamt für Entwicklungszusammenarbeit aus.
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