Aldi-Bananen

Lieferkettengesetz wirkt auf Plantagen in Costa Rica

| Autor*in: Tim Zahn

Nach einer Beschwerde von Oxfam und der costa-ricanischen Gewerkschaft SITRAP wegen Arbeitsrechtsverstößen bei einem Bananen-Zulieferer hat sich Aldi konstruktiv für eine Lösung eingesetzt. Mit Erfolg: Betroffene erhalten jetzt Zahlungen durch den Produzenten in Costa Rica.

Im Sommer 2023 hatte Oxfam gemeinsam mit der costa-ricanischen Gewerkschaft SITRAP und der ecuadorianischen Gewerkschaft ASTAC bei Aldi, Lidl, Edeka und Rewe Beschwerde nach dem Lieferkettengesetz wegen Arbeitsrechtsverstößen auf Bananenplantagen in Costa Rica und Ecuador eingereicht. 

Die Vorwürfe damals: Zu niedrige Lohnzahlungen, Flugbesprühungen mit Pestiziden und Benachteiligung von Gewerkschaftsmitgliedern. Das alles sind Verletzungen von Rechten, die durch das Lieferkettengesetz geschützt werden.

  • Die Löhne lagen weit unter dem Mindestlohn – dieser betrug damals rund 20 Euro pro Tag.
  • Der Einsatz von Pestiziden ohne hinreichenden Arbeitsschutz passierte während der Arbeitszeit – durch sogenannte Flugbesprühung über den Köpfen der Arbeiter*innen. Ein Arbeiter einer Plantage in Costa Rica beschrieb die Situation: „Sie holen die Arbeiter*innen nicht aus der Plantage, wenn gesprüht wird. Sie sagen den Arbeiter*innen auch nicht vorher Bescheid.“
  • Auch die Benachteiligung von Gewerkschaftsmitgliedern und Behinderung von Gewerkschaftsarbeit waren Teil der dokumentierten Arbeitsrechtsverstöße. Ein Gewerkschaftsmitglied berichtete:

Ich habe viele Kolleg*innen, die entlassen wurden, nur weil sie mit mir einen Kaffee oder ein Getränk getrunken haben.

Sie bekommen keine Arbeit mehr, weil Gewerkschaften nicht geachtet werden.

Cristino Hernández, Gewerkschafter in Costa Rica
Porträt von Cristino Hernández

Zwei Jahre Arbeit zahlen sich aus

Seit Eingang der Beschwerde hat sich Aldi konstruktiv für eine Lösung eingesetzt.

Erster zentraler Schritt: Aldi hat sich zusammen mit der beschwerdeführenden costa-ricanischen Gewerkschaft SITRAP an einen Tisch gesetzt, zugehört und gemeinsam mit seinem Zulieferer und dem Produzenten vor Ort nach Lösungen gesucht. Genau das sehen auch das Lieferkettengesetz und sein europäisches Pendant – die EU CSDDD – vor.

  • §4 Abs. 4 LkSG sieht vor, dass Unternehmen „bei der Errichtung und Umsetzung seines Risikomanagementsystems die Interessen […] der Beschäftigten innerhalb seiner Lieferketten […] angemessen zu berücksichtigen“ haben. Auch die EU CSDDD sieht vor, dass Betroffene bei der Entwicklung geeigneter Abhilfemaßnahmen einbezogen werden müssen. Dort heißt es in Art 13 Nr 3d: „Die Konsultation der Interessenträger erfolgt in folgenden Schritten im Rahmen des Verfahrens zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht […] d) Annahme geeigneter Abhilfemaßnahmen für negative Auswirkungen gemäß Artikel 12“.

Rewe und Edeka haben bei ähnlich gelagerten Beschwerden hingegen keine entsprechenden Maßnahmen ergriffen, weshalb Oxfam gegen diese Supermärkte damals Beschwerde bei der für das Lieferkettengesetz zuständigen Behörde, der Bundesanstalt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, eingereicht hat.

Anschließend hat Aldi eigene Untersuchungen vor Ort angestellt und dabei die Gewerkschaft mit einbezogen. Das Ergebnis: Durch die Mitarbeit von Aldi konnten einige der vorgetragenen Missstände bestätigt und die Aufarbeitung vorangetrieben werden.

Im Fokus der folgenden Verhandlungen mit sowohl Zulieferern als auch der Gewerkschaft und Oxfam standen Unregelmäßigkeiten bei Lohnabrechnungen. In Anwesenheit von Arbeitsrechtsanwälten aus Costa Rica hatten Betroffene schließlich die Gelegenheit, ihre Sicht detailliert zu schildern. So konnte in vielen Punkten Einigkeit erzielt werden. Aldi hat sich dabei aktiv eingebracht, um den Dialog zwischen allen Parteien zu fördern und zur Klärung der Vorwürfe beizutragen.

Zwei Jahre später, im August 2025, kam es dann zum Durchbruch: Der Produzent in Costa Rica hat einer Gruppe von Beschwerdeführer*innen Zahlungen überwiesen.

Wir sind sehr froh, dass zum ersten Mal Zahlungen an Betroffene geleistet wurden. Das bedeutet uns viel! Die Zahlungen helfen den Menschen ganz unmittelbar. Ohne das Lieferkettengesetz hätten wir das nicht erreicht.

Didier Leitón, Generalsekretär der Gewerkschaft SITRAP

Das Ergebnis zeigt, dass das Lieferkettengesetz wirkt, denn es stärkt ganz konkret die Rechte von Betroffenen. Der Prozess im Beschwerdefall hat offenbart, dass es essenziell ist, Gewerkschaften und Unternehmen an einen Tisch zu bringen.

Auch Aldi zieht eine positive Bilanz:

Unser Ziel ist eine spürbare Verbesserung der Menschenrechtslage in den Lieferketten.

Wir unterstützen ausdrücklich menschenrechtliche Sorgfaltspflicht-Gesetzgebungen wie das deutsche Lieferkettengesetz sowie die europäische Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD). Denn Fälle wie dieser zeigen deutlich, dass solche Regelungen konkret zum Schutz der Betroffenen beitragen.

Maximilian Vogt, Director Sustainability bei Aldi Süd
  • Oxfam und SITRAP haben bei Aldi gemäß dem nach §8 LkSG aufgesetzten, unternehmenseigenen Beschwerdeverfahren eine Beschwerde wegen mehrerer Verstöße gegen in §2 Absatz 2 LkSG festgeschriebene Verbote eingelegt und dem Unternehmen entsprechend Belege zugesandt.

    Aldi hat gemäß §4 Absatz 2 und 4 LkSG angemessen reagiert, indem es in dem Beschwerdeverfahren – als Teil des eigenen Risikomanagements – die Interessen der Betroffenen angemessen berücksichtigt und wirksame Maßnahmen getroffen hat. Dies erfolgte, indem 

    • Aldi in den Kontakt mit der Gewerkschaft getreten ist und in gemeinsamen Austauschtreffen über Lösungen für die vorgebrachten Probleme verhandelt wurde,
    • Aldi in einem eigenen Audit die Perspektiven der Gewerkschaft und der Betroffenen explizit berücksichtigt hat, was beispielsweise dazu führte, dass viele der vorgetragenen Rechtsverstöße durch das Audit bestätigt werden konnten,
    • im Laufe der Verhandlungen die Betroffenen, unter Hinzuziehen von costa-ricanischen Arbeitsrechtsexpert*innen – sowohl von Seiten der Gewerkschaft als auch des Produzenten – erneut die Möglichkeit hatten, die ihnen entstandenen Rechtsverletzungen zu schildern. 

    Die Beschwerde ist ein guter Beleg dafür, wie Unternehmen erfolgreich Einfluss ausüben und so zu erfolgreichen Abhilfemaßnahmen beitragen können.

    Auf Wunsch des Zulieferers und des Produzenten wurde sowohl über die Höhe der Zahlungen als auch über die Anzahl und Identität der Betroffenen, die Zahlungen erhalten haben, Stillschweigen vereinbart. Dem haben die Betroffenen, SITRAP und Oxfam zugestimmt, um die Zahlungen zu ermöglichen. Für den Produzenten und den Zulieferer ist elementar, dass die Zahlungen kein Schuldeingeständnis darstellen.

    Die Beschwerde zeigt: Die effektive Einbindung von Rechteinhaber*innen ist entscheidend für den Erfolg von Beschwerdeverfahren. Die Lernerfahrungen aus diesem Fall sollten dem BAFA und anderen Unternehmen als Blaupause dienen.

Ausblick: Wir bleiben dran!

Fest steht: Wir machen weiter, haben allerdings noch einen Weg vor uns. Denn obwohl nach Aussagen der Gewerkschafter*innen in dem konstruktiven Prozess bereits bedeutende Fortschritte erzielt wurden, konnten zum aktuellen Stand noch nicht alle Vorwürfe vollständig geklärt werden.

Aldi, der Zulieferer und der Produzent vor Ort bestätigen, dass auch bei weiteren Themen wie dem Arbeitsschutz deutliche Fortschritte gemacht wurden und sie sich weiterhin gemeinsam dafür einsetzen, alle offenen Themen nachhaltig zu bearbeiten.

Die Zahlungen sind ein zentraler Erfolg, denn sie zeigen: Das Lieferkettengesetz wirkt in der Praxis – ganz konkret und zum Nutzen von Betroffenen.

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