Israelischer Siedlungsbau auf neuem Höchststand
In den vergangenen vier Jahren hat Israel seine Siedlungsaktivitäten im Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem, erheblich beschleunigt. Das hat zu einem deutlichen Anstieg des Siedlungsbaus und der Landaneignung geführt. Angelehnt an ein Gutachten des Internationalen Gerichtshofs fordert eine Allianz von über 80 zivilgesellschaftlichen Organisationen ein Handelsverbot mit Unternehmen, die in völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten ansässig sind oder die den Ausbau und die Aufrechterhaltung der Siedlungen fördern.
2023 genehmigte die israelische Regierung den Bau von 30.682 Wohneinheiten im Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem, was einem Anstieg von 180 Prozent in nur fünf Jahren entspricht. Im Juni 2024 erklärte die israelische Regierung 12,7 Quadratkilometer Land im Jordantal zu „Staatsland”. Im Mai 2025 beschloss das israelische Kabinett die Errichtung von 22 neuen Siedlungen im besetzten Westjordanland. Diese Genehmigungen übertrafen alle bisherigen Rekorde und markierten den höchsten Stand der Siedlungsausweitung seit den Osloer Verträgen (1993-1995). Das palästinensische Gebiet wurde so weiter fragmentiert und den Palästinenser*innen neue Bewegungsbeschränkungen auferlegt.
Bericht zeigt Beispiele für Handelsbeziehungen mit Siedlungen
Vor diesem Hintergrund fordert eine Allianz aus mehr als 80 zivilgesellschaftlichen Organisationen ein Verbot von Handelsbeziehungen mit Unternehmen, die in völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten ansässig sind oder Handelsbeziehungen, die Ausbau und Aufrechterhaltung der Siedlungen fördern. In dem heute von der Allianz veröffentlichten Bericht „Trading with Illegal Settlements“ sind verschiedene Beispiele für Handelsbeziehungen von Unternehmen aus der EU und Großbritannien mit völkerrechtswidrigen Siedlungen beschrieben.
Das Gutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH) vom Juli 2024 macht deutlich: Regierungen, die Handelsbeziehungen mit in völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen ansässigen Unternehmen zulassen, machen sich mitschuldig an der Aufrechterhaltung und Ausweitung der Siedlungen und damit an der Aufrechterhaltung der illegalen Besetzung palästinensischer Gebiete durch Israel. Die Kontrolle Israels kostet die palästinensische Wirtschaft jährlich Milliarden von Dollar, während die Armut im Westjordanland zwischen 2023 und Mitte 2024 von zwölf auf 28 Prozent gestiegen ist und sich auch die Arbeitslosenquote zwischen 2023 und 2024 von 12,9 Prozent auf 30,7 Prozent mehr als verdoppelt hat.
Acht internationale Unternehmen und Finanzinstitute untersucht
Israel setzt durch günstige Pachtverträge, Subventionen oder Steuererleichterungen Anreize für Unternehmensinvestitionen in seine Siedlungen im Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem. Der Bericht „Trading with Illegal Settlements“ untersucht beispielhaft acht internationale Unternehmen und Finanzinstitute, die mit israelischen Siedlungen Handel treiben oder bis vor Kurzem getrieben haben, einschließlich der Bereitstellung von Dienstleistungen oder Investitionen, und damit zu deren Aufrechterhaltung und Legitimierung beitragen. Zu ihnen gehören der französische Einzelhändler Carrefour, die dänische Reederei Maersk und die britische multinationale Bank Barclays.
Auch die beiden deutschen Unternehmen TUI und Siemens sind Gegenstand des Berichts. Der Reisekonzern TUI hat in der Vergangenheit Reisen zu völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen im Westjordanland und auf den Golanhöhen angeboten, die online weiterhin aufrufbar sind. Der multinationale Konzern Siemens liefert Ausrüstung und Dienstleistungen für die mit den Siedlungen verbundene Verkehrsinfrastruktur.
Hauptforderung der Allianz aus 80 zivilgesellschaftlichen Organisationen ist, dass insbesondere die Länder der EU und Deutschland Handelsbeziehungen mit in israelischen Siedlungen ansässigen Unternehmen ausdrücklich verbieten. Darüber hinaus sollen sie jegliche Handelsbeziehungen unterbinden, die die den Ausbau und die Aufrechterhaltung der völkerrechtswidrigen Siedlungen fördern, einschließlich der Erbringung von Dienstleistungen und Investitionen. Israelische Exporteure müssen die Herkunft der Waren angeben und für falsche Angaben zur Rechenschaft gezogen werden.
Redaktionelle Hinweise
- Die Forderung des Verbots des Handels mit Siedlungen wird von einer Allianz von über 80 Organisationen unterstützt. Die vollständige Liste der Organisationen ist im Vorwort des Berichts „Trading with Illegal Settlements“ aufgeführt (siehe Link unten).
- Der Handel mit Siedlungen umfasst alle direkten oder indirekten Handelsbeziehungen mit Unternehmen, die in völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten ansässig sind oder Handelsaktivitäten, die Ausbau und Aufrechterhaltung der Siedlungen fördern. Dazu gehören auch Tochtergesellschaften, Dienstleistungen, Finanzierungen und Lieferketten. Unternehmen, die solche Handelsbeziehungen haben oder diese ermöglichen, riskieren, sich an Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte mitschuldig zu machen.
- Quelle für die Zahlen zur Arbeitslosen- und Armutsquote im Westjordanland ist ein Bericht der International Labour Organization.